Lernen Sie ausgewählte Objekte aus der Sammlung des Eberswalder Museums kennen, die in der Ausstellung zu sehen sind und eine interessante Geschichte erzählen.


Waggon-Aufzug – Ein wichtiges Zeugnis der Industriekultur in Eberswalde

Ein interessantes Stück aus der Dauerausstellung des Museums stellt das Modell eines Aufzugs für Eisenbahnwaggons dar. Das Modell dokumentiert einen Ausschnitt der Industriegeschichte der Region. Der Waggon-Aufzug stand – und steht noch heute im zerfallenen Zustand – auf dem Gelände der ehemaligen Hufnagelfabrik am Kupferhammerweg in Eberswalde. Das Modell von Christoph Scholz aus dem Jahr 2012 stellt den Aufzug im Maßstab 1:87 dar.

Im Jahr 1871 entstand am Finowkanal die Hufnagelfabrik der Fabrikanten Julius Moeller und Clemens Schreiber aus Berlin. Es handelt sich um die erste maschinell produzierende Hufnagelfabrik Europas. Das Unternehmen entwickelt sich schnell zum Marktführer im Deutschen Kaiserreich und großen internationalen Exporteur. Bis zum Ersten Weltkrieg sind rund 1.500 Beschäftigte in der Fabrik verzeichnet.

Die Hufnägel wurden per Schiff über den Finowkanal und per Eisenbahn transportiert. Das Gelände befand sich direkt an der Bahnstrecke Berlin-Stettin und war somit günstig gelegen. Ab 1908 erleichterte ein vom Maschinenbauunternehmen Borsig in Berlin entworfener Aufzug für Güterwaggons – ähnlich einer Hebebühne – die Abläufe. Die elektrohydraulische Konstruktion konnte beladene Waggons bis zu einem Gewicht von 30 Tonnen auf- und abwärts bewegen. Der zurückzulegende Höhenunterschied lag bei etwa 6 Metern. Die oben und unten jeweils eingerichteten Drehscheiben und weiterführenden Gleise sind heute nicht mehr vorhanden. Die Stahlkonstruktion des Aufzugs steht hingegen noch. Der Aufzug ist auf der Denkmalliste des Landes Brandenburg aufgeführt, ist aber dem Verfall ausgesetzt.

Die Hufnagelfabrik hielt der schwierigen wirtschaftlichen Lage der 1920er Jahre nicht stand, wurde verkauft und 1926 stillgelegt. Nach zeitweiliger Nutzung des Geländes durch die Reichsbahn, wurde es zwischen 1939 und 1945 von der Wehrmacht genutzt. Die sowjetische Administration brachte das Werk ab 1946 wieder in Gang, bis das dann entstehende VEB Nagel- und Drahtziehwerk 1971 abschließend stillgelegt wurde. Die Handelsorganisation (HO) der DDR nutzte das Gelände und die Hallen noch bis zur Wende.

Die Produktionsanlagen der Fabrik sind nicht erhalten geblieben. Lediglich die Fabrikanten-Villa von 1873 am Kupferhammerweg, das Kesselhaus mit hohem Schornstein und der Waggon-Aufzug sind noch vorhanden. Auf dem Gelände der Hufnagelfabrik soll als „Kupferhammer Quartier“ ein neues Eberswalder Wohnviertel mit 12 Mehrfamilienhäusern und etwa 260 Wohnungen entstehen. Was hingegen aus der ehemaligen Fabrikanten-Villa wird, die unter anderem zwischen den 1960er und 1980er Jahren zeitweise den Hort der Goetheschule beherbergte, ist unklar.

Der Aufzug – gewissermaßen ein „Lost Place“ – ist in seinem aktuellen Zustand derzeit als Fotografie von Lars Wiedemann in der Sonderausstellung „Innovation. Produktion. Tradition – Industriegeschichte Eberswalde“ im Museum Eberswalde zu sehen.

Anne Rinke, Geschichtsstudentin und Praktikantin im Museum Eberswalde

Hufnagelfabrik Modell Wagonfahrstuhl Ulrich Wessollek
Hufnagelfabrik Moeller & Schreiber,
Farblithographie, um 1885, Museum Eberswalde
Modell Waggonfahrstuhl, Museum Eberswalde, Foto: Ulrich Wessolek

   
HufnagelfabrikEberswalde 2023 Wiedemann
Hufnagelfabrik Waggonfahrstuhl, 2023, Fotos: Lars Wiedemann

Silberner Tafelaufsatz aus dem Besitz von Bernhard Danckelmann

Ein Glanzstück in der Ausstellung des Museums ist der prunkvolle Tafelaufsatz des Direktors der Forstakademie Bernhard Danckelmann. Anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums als Direktor der Forstakademie 1891 erhält Danckelmann diesen Tafelaufsatz in Dankbarkeit und Verehrung von seinen Schülern und Kollegen.

Der 80 cm hohe Tafelaufsatz aus Silber wird nach einem Entwurf des Kölner Baumeister Franz Statz von dem Berliner Bildhauer Arnold Künne ausgeführt. Die kunstvoll gestaltete Arbeit zeigt in zentraler Position einen Jäger (den heiligen Hubertus - Schutzpatron der Jäger) mit seinem Jagdhund und einem Hirsch.

Unterhalb der Aufsatzschale aus Glas zieren an einem stilisierten Baumstamm die Wappen der Familie Danckelmann (Kranich), Westfalens (Roß), Preußens (Adler) und der Stadt Eberswalde (Eiche mit Ebern) den Aufsatz. Ob dieser Tafelaufsatz einst eine festlich gedeckte Tafel in Danckelmanns Wohnzimmer in der Alten Forstakademie zierte, ist nicht überliefert. Ebenso ist nicht bekannt, wie dieses Objekt in die Sammlung des Eberswalder Museums kam.

Von 1866 bis 1901 setzt Bernhard Danckelmann, gebürtig in Westfalen, als Direktor der Höheren Forstlehranstalt die von Wilhelm Pfeil begründete enge Verbindung von forstlicher Lehre und Praxis mit Exkursionen und Nutzung der Lehrreviere fort. Unter Danckelmanns Leitung wird der Lehrkörper erweitert und in der Schicklerstraße das „Rote Gebäude“ gebaut. 1871 gründet er die Hauptstation für das forstliche Versuchswesen in Preußen, eine eigenständige, mit der Forstakademie verbundene Forschungseinrichtung, deren Direktor er wird. Danckelmann trägt entscheidend zum Aufstieg der deutschen Forstwirtschaft zur Weltspitze am Ende des 19. Jahrhunderts bei. In Eberswalde erinnert u.a. das am 10. August 1905 enthüllte Danckelmann-Denkmal am Skagerrakplatz (heute Park am Weidendamm) an diesen herausragenden Forstmann und Ehrenbürger der Stadt Eberswalde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Gemälde Bernhard Danckelmann, Foto: Kienzle/Oberhammer Tafelaufsatz, 1891, Foto: Bernd Choritz
   
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Postkarte: Danckelmann-Denkmal, Alte und Neue Forstakademie, Sammlung Museum Eberswalde

Zeugnis revolutionärer Kämpfe in der Region – das Gemälde Walter Pahls

Über mehr als 25.000 Objekte verfügt das Museum Eberswalde, von denen rund 1.300 in der Dauerausstellung zu sehen sind. Eines dieser zu sehenden Exponate ist das Gemälde „Schloss Lichterfelde“ von Walter Pahl. Es zeigt den Angriff der vereinigten Arbeitergruppen aus Eberswalde, Heegermühle und Finowfurt auf das von der Reichswehr besetzte Gutsschloss in Lichterfelde in den Morgenstunden des 16. März 1920.

Es ist damit ein Zeugnis des rund 100 Stunden dauernden Lüttwitz-Kapp-Putsches in der Arbeiterstadt Eberswalde und erzählt mit seinen zahlreichen Details die Geschichte dieses Putschversuchs gegen die nach der Novemberrevolution geschaffene Weimarer Republik. Der Putschversuch unter Führung von General Walther von Lüttwitz und Wolfgang Kapp brachte das republikanische Deutsche Reich an den Rand eines Bürgerkrieges und zwang die sozialdemokratischen Mitglieder der Reichsregierung zur Flucht aus Berlin. Die meisten Putschisten waren aktive Reichswehrangehörige oder ehemalige Angehörige der alten Armee und Marine, sowie Mitglieder der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP).

Im Gutsschloss Lichterfelde war am 14. März 1920 eine Reichswehreinheit einquartiert worden, um gemeinsam mit Putschisten aus Schwedt, Küstrin und Stettin „das rote Finowtal“ militärisch zu sichern. Dem kamen die rund 2.000 Mann zählende Arbeiterwehr mit ihrem vom Arbeitzentralrat beschlossenem Angriff von drei Seiten zuvor. Die Arbeiter schafften es jedoch nicht, das Gut einzunehmen. Dennoch zogen die mit dem Putsch sympathisierenden Einheiten am 17. März aus dem Gutsschloss ab.

Über den Maler ist leider außer dem Namen nichts gesichert bekannt. In den Akten des Kreisarchivs Barnim findet sich ein Walter Hermann Georg Pahl, der in Berlin-Friedrichsfelde 1890 zur Welt gekommen ist, offiziell ab Februar 1946 in Finow lebte und auch in Eberswalde 1973 verstarb. Dieser Walter Pahl war Technischer Zeichner und es ist zumindest zu vermuten, dass das Gemälde von ihm stammt. Leider ist auch das Entstehungsjahr des Gemäldes nicht mit Sicherheit festzustellen, es ist aber zu vermuten, dass es in den 1920er Jahren entstanden ist.

Die bildliche Darstellung zeigt rund sechzig bewaffnete Männer, die sich vor dem Schloss in Lichterfelde nahe Eberswalde zum Kampf versammelt haben. Sie sind anhand ihrer Kleidung als Arbeiter zu erkennen. Im Hintergrund ist das Gutsschloss zu sehen, welches jedoch nur von drei Mann verteidigt wird – plus einem Soldaten, der von den Arbeitern überwältig wird und einem Flüchtenden. Die Zahlenverhältnisse sind sicherlich aus Sicht eines mit den Arbeitern sympathisierenden ideologisiert, wofür auch die Perspektive spricht.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass auch auf dem Bild die Arbeiter vor allem aus der Deckung jenseits der Mauer um das Gut heraus feuern – auch in der Realität konnten die Angreifenden diese nur vereinzelt überwinden. Das Gemälde ist jedoch eine sehr interessante Quelle zum Putsch. Gerade die idealisierte Darstellung der Arbeiter ist beachtlich.

Johan Bodnar, Museumsmitarbeiter

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Gemälde von Walter Pahl, Foto: Museum Eberswalde

Für beide bei den Kämpfen um das Gutsschloss gefallenen Arbeiter
wird 1969 eine Gedenkplakette eingeweiht, Foto: Museum Eberswalde

Büste Kaiser Wilhelm II. aus der Bronzegießerei Gladenbeck

Eberswalde ist im 19. Jahrhundert ein beliebter Ausflugsort für Erholungssuchende. Besonders Gäste aus dem nahen Berlin entdecken die landschaftlichen Schönheiten und die Ausflugsziele um Eberswalde. Auch Hermann Gladenbeck, Kgl. Hofbildgießer in Berlin, zieht es hierher. Seit den 1860er Jahren besucht er regelmäßig Eberswalde. 1874 errichtet er neben dem Gesundbrunnen ein schlichtes Fachwerkhaus für seine Sommeraufenthalte.

Nur wenige Schritte von Gladenbecks Sommersitz entfernt, am westlichen Ortseingang von Eberswalde, befindet sich das Hagen-Denkmal. Das 1884 eingeweihte Denkmal erinnert an den Oberlandforstmeister Otto von Hagen. Nach dem Entwurf des Berliner Bildhauers Rudolf Pohle entsteht in der renommierten Bronzegießerei H. Gladenbeck die Bronzebüste und das Bronzerelief.

In der Ausstellung des Museums ist eine Büste von Wilhelm II., Deutscher Kaiser von 1888 bis 1918, zu sehen. Die 21 cm hohe Kleinplastik steht auf einem Natursteinsockel und präsentiert Kaiser Wilhelm II. in Uniform mit angelegtem Ordensschmuck und offenem Mantel. Die qualitätsvolle Plastik stammt ebenfalls aus der Gießerei Gladenbeck, wie der Schriftzug "Aktien = Gesellschaft vorm. H. Gladenbeck & Sohn" auf der Rückseite belegt. Sie wurde in einer Spezialabteilung der Firma für den kunstgewerblichen Handel kostengünstig in Zinkguss ausgeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen viele Kunstwerke von Gladenbeck verloren, weil das Metall eingeschmolzen und neu verwendet wurde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Fotos: Fachwerkvilla und Hagen-Denkmal, Birgit Klitzke
Foto rechts: Bronzeplastik, Kienzle/Oberhammer
   

Museum Eberswalde erhält historisches Hochzeitskleid

Das Sammeln von Zeugnissen zur Kulturgeschichte in der Region um Eberswalde ist eine der zentralen Aufgaben des Museums. Die aktuelle Haushaltslage der Stadt Eberswalde ermöglicht derzeit nicht den Ankauf von Objekten. Dank einer Schenkung konnte dennoch ein besonderes Objekt in die Sammlung aufgenommen werden – das Hochzeitskleid von Marie Schönfeld aus Senftenhütte.

Marie Schönfeld, Tochter des Steingrubenbesitzers Karl Schönfeld, heiratet 1912 den Büdner (Kleinbauern) Wilhelm Müller in Senftenhütte. Zur Hochzeit trägt die damals erst 16-Jährige dieses Festtagskleid.

Das schwarze Seidenkleid besteht aus einer Jacke und einem Oberrock und ist in einem sehr guten Zustand. Auf dem Lande, so auch um Eberswalde, bewahrte man die Tradition des schwarzen Brautkleides bis ins 20. Jahrhundert hinein. Aus praktischen Gründen wurde das schwarze Seidenkleid auch zu festlichen Anlässen und im Trauerfall getragen. Ab den 1920er Jahre kamen weiße Festtagskleider in Mode.

Der Neuzugang - das Hochzeitkleid und das Foto der Familie Schönfeld - bereichert die Museumssammlung und ist zugleich ein Beispiel für die Verbundenheit der Menschen im Barnim mit ihrem Museum Eberswalde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Das Hochzeitskleid in der Ausstellung
Foto: Museum Eberswalde

Museumsmitarbeiterin Isabelle Fischer
zeigt das Hochzeitskleid

Foto: Museum Eberswalde
 
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Foto der Familie Schönfeld,
Marie Schönfeld (zweite von links) mit ihren Eltern (sitzend) und ihrer Schwester

Foto: Museum Eberswalde

Büste von Wilhelm Pieck
DDR-Kunst im Museum Eberswalde bewahrt und ausgestellt

Nach der Wende verschwand manches DDR-Kunstwerk aus dem Stadtbild von Eberswalde. Dazu gehört unter anderem eine Büste von Wilhelm Pieck, die viele Jahre auf einer Freifläche im Altstadtbereich stand.

1969 wird auf Beschluss der Stadtverordneten die Eisenbahnstraße in Wilhelm-Pieck-Straße umbenannt. Auf der Grünfläche zwischen der Eisenbahn- und Michaelisstraße wird später zu Ehren von Wilhelm Pieck (1876-1960), erster und einziger Präsident der DDR, eine Bronzebüste aufgestellt. Die Bronzebüste entsteht in der Werkstatt der Bildhauerin Ruthild Hahne in Berlin und ist mit dem Namen der Künstlerin „Ruthild Hahne“ signiert. In der DDR ist Hahne für ihre Porträtplastiken von Politikern bekannt. Nach der Rückbenennung der Wilhelm-Pieck-Straße in Eisenbahnstraße, am 2. Januar 1992, gelangt die Büste in die Sammlung des Eberswalder Museums. Dort hat das Kunstwerk mit weiteren Objekten zur DDR-Geschichte einen festen Platz in der ständigen Ausstellung gefunden.

Nach Wilhelm Pieck wird in Eberswalde auch die polytechnische Oberschule an der Friedrich-Engels-Straße umbenannt. Anlass ist der 100. Geburtstages von Wilhelm Pieck am 3. Januar 1976. Der kupferne Namenszug „Wilhelm-Pieck-Oberschule“ am Hausgiebel und eine Büste von Wilhelm Pieck vor dem Schulgebäude gehen 1991 verloren, als der bisherige Name „Wilhelm Pieck“ abgelegt wurde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Büste von Wilhelm Pieck auf gemauerten Ziegelsteinsockel
Bronze, Ruthild Hahne, Ecke Eisenbahn-/Michaelisstraße
Foto: Günter Rinnhofer, 1981
Büste von Wilhelm Pieck
Ausgestellt im Museum Eberswalde
Foto: Kienzle/Oberhammer
 
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Ruthild Hahne (Mitte) mit Otto Nagel und Wilhelm Pieck, 1951
Quelle: Bundesarchiv Bild 183-12773-0006, Berlin

Neuerworbene Fotografie zeigt Bau der Zoogaststätte in Eberswalde

Die heutige Zoogaststätte „Brauner Bär“ ist ein architektonisches Kleinod in Eberswalde. 1969 wird die Gaststätte nach Plänen des Binzer Ingenieurs und Bauunternehmers Ulrich Müther errichtet. Anlass ist der 20. Jahrestag der Gründung der DDR.

Seit kurzem bereichern zwei Fotoalben die umfangreiche Sammlung des Eberswalder Museums. Die aus Privatbesitz stammenden Fotografien, zeigen unterschiedlichste Motive von Eberswalde. Eines dieser Fotos dokumentiert den Bau der Tierparkgaststätte. Als wichtiges Zeitdokument stellt das Foto die besondere Bauweise der Holzverschalung in den Blickpunkt. Trotz der Sanierungsarbeiten 1994-95 bleibt Müthers Beton-Schalenkonstruktion in Form der angekippten Hyparschalen am Zoo Eberswalde erhalten. Heute zählt der Müther-Bau zum baukulturellen Erbe in Eberswalde und ist als ein Beispiel der DDR-Moderne bei einem Besuch der Zoogaststätte erlebbar.

Mehr Informationen über den Müther-Bau und weiterer bedeutender Bauten in der Barnimer Kreisstadt finden Interessierte in der Publikation „Baumeister, Architekten, Ingenieure und ihre Bauten in Eberswalde“, die im Museum Eberswalde erhältlich ist.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Bau der Tierparkgaststätte, Fotograf unbekannt, ca. 1968
Sammlung: Museum Eberswalde
Tierparkgaststätte, 1974, Foto: Heinz Bogda
Sammlung: Museum Eberswalde

Das Rasenlabyrinth – Kultplatz oder Spielplatz?

Labyrinthe faszinieren die Menschen schon seit der Vorgeschichte. Das belegt die vielfache Verwendung in Kunst und Kult. Der Eberswalder „Wunderkreis“ greift das Symbol auf, dient jedoch sportlichen Zwecken: Kinder und Jugendliche sollen in dem 1609 von Schuldirektor Christoph Wachtmann angelegten Rasenlabyrinth ihre Geschicklichkeit üben. Über zwei Jahrhunderte hat das Rasenlabyrinth seinen festen Platz im Leben der Stadt. Mit der steigenden Bautätigkeit im 19. Jahrhundert wird der Sand auf dem Hausberg immer mehr abgetragen und der erste Wunderkreis von Eberswalde verschwand.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts greift Turnvater Friedrich Ludwig Jahn die Idee des Labyrinths für die Turnbewegung auf. Nach dem Vorbild des Wunderkreises auf dem Eberswalder Hausberg lässt er 1816 in der Hasenheide bei Berlin, auf dem ersten deutschen Turnplatz, einen „labyrinthartigen Wunderkreis“ zur körperlichen Ertüchtigung anlegen. Die neue turnerische Bewegung, der „Wunderkreislauf“, verbreitet sich wohl in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf weitere Turnplätze in ganz Deutschland. Auch in Eberswalde wird der Wunderkreis als Stätte des Sports und des Turnens wiederbelebt. Ab 1849 entsteht oberhalb der heutigen Schillertreppe ein Turnplatz unter anderem mit Lauf- und Springbahn, Ringplatz, Barren, Reck und einem Wunderkreis. Dort finden die Turnstunden für die Schüler/innen statt. Bereits in den 1890er Jahren berichtet ein Zeitzeuge im Märkischen Stadt- und Landboten: „Als ich zur Schule ging, war der Irrgarten (Bezeichnung für Wunderkreis) schon von Gräsern überwuchert, dass seine Steige nicht überall erkennbar waren, er konnte deshalb zu Wettläufen nicht mehr benutzt werden, aber einzeln vergnügten wir uns doch noch auf seinen verschlungenen Pfaden.“ Um 1910 wird der Turnplatz aufgegeben. Damit verschwand auch der zweite Wunderkreis.

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Der neue Wunderkreis von Eberswalde
Foto: Birgit Klitzke
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Zeichnung des Eberswalder Wunderkreises

Aus: Carl Ludwig Philipp Schadows
handschriftlicher Chronik von Neustadt-Eberswalde, 1770
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Der Wunderkreis in der Dauerausstellung
Foto: Kienzle & Oberhammer

2013 wurde die Tradition des Wunderkreises bei der Neugestaltung des Spielplatzes an der Lessingstraße wiederbelebt. Ein neues Labyrinth aus Natursteinpflaster nach historischem Vorbild entstand – der nunmehr dritte Wunderkreis in Eberswalde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin


Erinnerungsstücke des Soldaten Adolf Bröcker aus dem Ersten Weltkrieg

Das Museum Eberswalde zeigt über 1.000 Objekte zur Stadt-, Regional- und Hausgeschichte in der Dauerausstellung. Darunter befinden sich auch ausgewählte Zeitdokumente, die von den Ereignissen des Ersten Weltkrieges berichten - wie zum Beispiel von dem Schicksal des Soldaten Adolf Bröcker aus Eberswalde.

Adolf Wrzesinski, 1918 Änderung des Familiennamens auf Bröcker, wird am 9. Juni 1884 zu Heideberg im Kreis Schildberg, in der Provinz Posen, geboren. Der gelernte Buchdrucker Wrzesinski heiratet 1906 die Haushälterin Bertha Bröcker. In Eberswalde findet Wrzesinski Arbeit als Redakteur und Korrektor bei der Eberswalder Zeitung, wo seit 1903 Rudolf Schmidt als leitender Redakteur tätig ist. Familie Bröcker wohnt im Villenviertel südlich der Eberswalder Altstadt in der Moltkestraße 8, heute Schillerstraße. Schon bald gehören die beiden in Eberswalde geborenen Töchter Berta, 1909, und Erna, 1911, zur Familie.

Am 1. August 1914 wird für Berlin und die Provinz Brandenburg der Kriegszustand ausgerufen und die Mobilmachung befohlen. Zu dieser Zeit ist Wrzesinski bereits 30 Jahre alt. Er zieht vermutlich als Reservist in den Krieg und wird Kriegsberichterstatter. Die im Museum und im Kreisarchiv Barnim bewahrten Zeitdokumente belegen Wrzesinskis Kriegseinsatz in den Jahren 1915 bis 1918 an der Westfront in Belgien und in Frankreich. Das Kriegsgeschehen schildert er aus der Perspektive des einfachen Soldaten in Feldpostbriefen. Einige seiner Briefe werden in den "Eberswalder Kriegsblättern" veröffentlicht. Am 11.04.1918 sendet Bröcker von der Westfront einen letzten kurzen Kartengruß an seine Frau.  Noch am gleichen Tag stirbt Bröcker bei der deutschen Offensive im französischen Estaires durch einen Granatsplitter in die Brust den „Heldentod für Kaiser und Reich“.

Adolf Bröcker
Beeindruckende Zeugnisse des Kriegsgeschehens, wie das durch einen Granatsplitter durchlöcherte Notizbuch des Soldaten Adolf Bröcker
und ein Gruppenfoto deutscher Soldaten mit Bröcker, sind in der Ausstellung des Eberswalder Museums zu sehen.
Foto: Kienzle/Oberhammer

Weitere Informationen zu Adolf Bröcker finden Interessierte im Eberswalder Jahrbuch 2014 unter dem Titel: „Mit Gott für Kaiser und Vaterland“ – Erinnerungsstücke des Soldaten Adolf Bröcker aus dem Ersten Weltkrieg. – S. 100-106.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin


Chausseetafel der Hebestelle Eisenspalterei in Eberswalde

Vielerorts in Brandenburg kann man bis heute an den Landstraßen alte Chausseehäuser entdecken. Im 19. Jahrhundert werden sie an den neu angelegten Kunststraßen, so auch in der Eberswalder Region gebaut. Das Chausseehaus dient dem Chausseegeldkassierer als Arbeits- und Wohnort. Seine Aufgabe ist es, das Wegegeld für einen Straßenabschnitt im Auftrag des Landesherrn einzunehmen. Das Königliche Hauptsteueramt in Eberswalde beaufsichtigt die Chausseegeld-Hebestellen im gesamten Nordosten der Provinz Brandenburg.

Das Museum Eberswalde zeigt in der Dauerausstellung eine Tafel zur Erhebung des Chausseegeldes an der Hebestelle Eisenspalterei bei Neustadt-Eberswalde, heute Eberswalde. 1873 wird die Chaussee Eberswalde-Schöpfurth gebaut. Aus dieser Zeit stammt die Chausseetafel. Sie war ursprünglich am Chausseehaus Eisenspalterei angebracht und gab den Durchreisenden an, welchen Tarif sie für die Benutzung der Chaussee nach Eberswalde zu entrichten hatten. Darin heißt es:

Vom Fuhrwerk, einschließlich Schlitten,
Zum Fortschaffen von Personen als Extraposten, Kutschen, Kaleschen, Kabriolets u.s.w. für jedes Zugthier: 1 Meile 5 Pf. und ½ Meile 5 Pf.
Von unangespannten Thieren:
Von jedem Pferde, Maulthiere oder Maulesel, mit oder ohne Reiter oder Last
1 Meile 3 Pf. und ½ Meile 2 Pfennig

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Nachnutzung von amtlichem Schriftgut: Von der Chausseetafel zur Stalltür, Fotos: Kienzle/Oberhammer

Nach der Aufhebung des Chausseegeldes in Preußen 1875 nahm der letzte Chausseegeldkassierer die Tarif-Tafel mit nach Hause in das nahe gelegene Dorf Heegermühle, später Finow. Dort wurde die Holztafel als Stalltür eingebaut und viele Jahrzehnte genutzt. In den 1960er Jahre gelangte die Tafel schließlich in das Museum. Für die Ausstellung wurde sie restauriert. Dabei sind die Nutzungsspuren wie zum Beispiel die Katzenklappe im unteren Türbereich erhalten geblieben. Im Museum Eberswalde ist die Chausseetafel heute ein interessantes Ausstellungsobjekt zur Dokumentation der Verkehrsgeschichte in der Region um Eberswalde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin


Ziegelstein mit Marke erinnert an Blütezeit der Ziegelindustrie

1856 erfindet der Berliner Baumeister Friedrich Eduard Hoffmann, in Eberswalde durch die Dachpappen- und Asphaltwerke Büsscher & Hoffmann bekannt, den Ziegel-Ringofen (Hoffmannscher Ringofen). Dass von nun an große Steinmengen in gleichbleibender Qualität produziert werden können, revolutioniert die Ziegelindustrie und ermöglicht den enormen Bauboom der Gründerjahre.

In der Regierungszeit der deutschen Kaiser von 1871 bis 1918 erlebt Eberswalde eine Ausdehnung um das Dreifache. Die Einwohnerzahl steigt sprunghaft von 11.500 auf rund 25.000 Einwohner an. Ein bedeutender Wirtschaftszweig entwickelt sich mit dem Bau von Ziegeleien. Neben zahlreichen öffentlichen und privaten Bauten entstehen in der sogenannten „Gründerzeit“ auch neue Industrieanlagen. Ein wichtiges Baumaterial in dieser Zeit – den Ziegelstein - produzieren die mehr als 20 Ziegeleien um Eberswalde.

Einer der größten und letzten Ziegeleistandorte in Eberswalde ist die ehemalige Ziegelei Schüssler in Heegermühle, heute Ortsteil Finow. Der Berliner Ingenieur Wilhelm Schüssler wird 1890 Eigentümer der Ziegelei. Die Ziegelei Schüssler stempelt die Ziegel mit dem Namen des Eigentümers: „W. SCHÜSSLER HEEGERMÜHLE“. Zum Errichtung des Hindenburgturmes, heute Wasserturm Finow, werden vor allem Steine der nahegelegenen Ziegelei Schüssler verbaut. Nach der denkmalgerechten Sanierung des Wasserturmes (2005-2007) gelangte dieser historische Ziegel in das Museum Eberswalde und ist dort in der Ausstellung zu sehen.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Hindenburgturm, heute Wasserturm Finow,
während der Bauarbeiten, 1917
Links im Bild Ziegelei Maecker
Ansichtskarte: Museum eberswalde
Hindenburgturm, heute Wasserturm Finow,
während der Bauarbeiten, 1917
Ansichtskarte: Museum Eberswalde

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Der Finower Wasserturm gebaut mit Ziegelsteinen
aus der Region um Eberswalde. 1918
Ansichtskarte: Museum Eberswalde
Ziegelstein mit Marke „W. SCHÜSSLER HEEGERMÜHLE“, ab 1890
Foto: Birgit Klitzke, Sammlung Museum Eberswalde


Der Marktplatz von Eberswalde im 18. Jahrhundert
Historienbild des Heimatmalers Karl Hilliges, 1934

Das Museum Eberswalde besitzt über hundert historische Ansichten der Stadt Eberswalde wie Gemälde, Aquarelle und Grafiken. Darunter befindet sich das Gemälde „Der Marktplatz von Eberswalde im 18. Jahrhundert“. Der Heimatmaler Karl Hilliges (1875 – 1952) schuf diese Stadtansicht 1934. Bei einem Museumsbesuch kann das beeindruckende Historienbild aus der Nähe betrachtet werden.

Das Gemälde zeigt den Marktplatz von Eberswalde vor über 200 Jahren. Zu dieser Zeit ist der Marktplatz vorrangig mit zweigeschossigen Fachwerkhäusern umbaut. Dort wohnen vor allem wohlhabende und angesehene Bürger der Stadt. Zu sehen sind zudem drei von ehemals vier hölzernen Brunnen. Die artesischen Brunnen werden ab 1729 von den Röhrenmacher Christoph Nagel und dem Bildschnitzer Hattenkerell angelegt und speisen ihr Wasser über Holzwasserleitungen aus den naheliegenden Brunnenbergen.

Im Mittelpunkt des Bildes steht das 1701 eingeweihte Rathaus. Es wird als Fachwerkgebäude mit einem Turm 1701 errichtet und erhebt sich an der Nordostecke des Marktes mit der Giebelseite zur Breiten Straße. Dort führt die wichtige Handelsstraße Berlin-Stettin vorbei. In dem Rathaus sind neben den Ratsräumen, das Wollmagazin, eine Waage für die Tuchmacher und der „Bürgergehorsam“ zu finden. 1825 wird das baufällige Gebäude abgerissen und stattdessen das 1775 erbaute stattliche Wohnhaus des Tuchfabrikanten Daniel Heller an der Breiten Straße als Rathaus eingeweiht. Seitdem ist das ehemalige Wohnhaus Rathaus der Stadt Eberswalde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

Marktplatzbild von Hilliges
Der Marktplatz von Eberswalde im 18. Jahrhundert
Ölgemälde von Karl Hilliges, 1934
Foto: Kienzle & Oberhammer, Sammlung Museum Eberswalde

Historische Feuerlöschspritze aus Altenhof - Ein Zeugnis früher Brandbekämpfung in der Region um Eberswalde

Im Sammlungsbestand des Museums Eberswalde befindet sich die erste Feuerlöschspritze des Dorfes Altenhof bei Eberswalde. 1975 gelangt diese Handdruckspritze von dem Rat der Gemeinde Altenhof in das Heimatmuseum Eberswalde (heute: Museum Eberswalde).

Eines der ersten Unternehmen in Deutschland die Feuerlöschgeräte herstellen, ist die 1878 gegründete Firma von Gustav Ewald in Cüstrin. Bis 1891 werden dort 400 Spritzen produziert und deutschlandweit verkauft. Darunter ist auch die 1884 von der Interessengemeinschaft Brandschutz in Altenhof erworbene Spritze. Sie hat die Herstellungsnummer 282. Zur Feuerlöschspritze gehören drei lederne Löscheimer und ein Löschschlauch. Der Wasserpumpenbehälter aus Gusseisen trägt die Aufschrift „Altenhof 1884, G(ustav). EWALD. Cüstrin.Nr. 282“. Zum Einsatzort muss die Spritze von der Löschmannschaft gezogen werden.

Am 14. Juli 1928 gründet sich die Freiwillige Feuerwehr in Altenhof. Von nun an beginnt ein geregelter Brandschutz mit dem Ziel „allen Menschen in Feuergefahr schnelle und sichere Hilfe zu bringen“. Der 1996 gegründete Verein der Freiwilligen Feuerwehr Altenhof führt diese ehrenamtliche Arbeit bis heute fort.

Die im Museum Eberswalder bewahrte Feuerlöschspritze ist ein wichtiges Zeugnis zur regionalen Brandbekämpfung im 19. Jahrhundert. Für Ausstellungen und besondere Aktionen wird sie dem interessierten Publikum immer wieder präsentiert.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

Weiterführende Informationen unter:

https://feuerwehr-altenhof.de/
https://www.cuestrin.de/wirtschaft-handel-handwerk-kuestrin/gustav-ewald-feuerloeschgeraete-kuestrin-neustadt.html

Ausstellungsraum zur Stadtgeschichte 1986 Foto Rinnhofer Loeschwagen farbig Kopie
Die Altenhofer Feuerlöschspritze in einem Ausstellungsraum
des Stadt- und Kreismuseums Eberswalde-Finow, Kirchstr. 8
Foto: Günter Rinnhofer, 1986, Sammlung Museum Eberswalde
Feuerlöschspritze aus dem Dorf Altenhof von 1884
Foto: Sammlung Museum Eberswalde


Die Nachbildung des Eberswalder Goldschatzes - Ein Ausstellungshighlight im Museum Eberswalde

Das Museum Eberswalde ist seit 25 Jahren in der ehemaligen Adlerapotheke beheimatet. Zu den wichtigsten Exponaten gehört die vollständige Nachbildung des berühmten Eberswalder Goldschatzes, dem bedeutendsten mitteleuropäischen Goldfund aus der späten Bronzezeit (900 bis 800 v. Chr.).

Am 16. Mai 1913 wird der 2,6 kg schwere und 81 Teile umfassender Goldschatz bei Bauarbeiten für ein neues Wohnhaus in der Messingwerksiedlung entdeckt. Die nahe Stadt Eberswalde ist Namensgeber für den Fund, der fortan „Eberswalder Goldschatz“ heißt.

Bereits kurz nach der Entdeckung des Goldhortes fertigt die Würtembergische Metallwarenfabrik (WMF) in Geislingen eine Serie vergoldeter Galvanonachbildungen der Schalen an. Der Besitzer des Messingwerkes Aron Hirsch, der Geschichtsverein des Kreises Oberbarnim in Freienwalde aber auch Museen und Studiensammlungen erwerben Repliken aus der WMF-Produktion.  

Das Museum Eberswalde besitzt einen Schalensatz, der 1962 aus dem Oderlandmuseum in Bad Freienwalde nach Eberswalde gelangt. Die acht Schalen sind mit einem frühen Firmenstempel der WMF versehen. 1997 fertigt der Metallgestalter Wilfried Schwuchow aus Angermünde Kopien der bislang fehlenden Kleinteile des Hortfundes nach originalen Fotos und den im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte vorhandenen Nachbildungen an. Im gleichen Jahr entsteht in der Restaurierungswerkstatt des Berliner Museums eine Kopie des dort verbliebenen Tongefäßes für die Ausstellung in Eberswalde. Die Goldschatznachbildung ist im Museum Eberswalde ein Ausstellungshighlight.

Weitere Informationen zum Eberswalde Goldschatz finden Sie in der Museumspublikation „Der Goldschatz von Eberswalde im Fokus der Wissenschaft“, die in der Tourist-Information, Steinstraße 3 in 16225 Eberswalde zum Preis von 10 € erhältlich ist.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

Adler Apotheke 268 2014. Foto Kienzle Oberhammer AdlerApotheke Nov 2016 128
Gesamtnachbildung des Goldschatzes von Eberswalde.
Das Original befindet sich seit Kriegsende im Depot
des Moskauer Puschkin-Museums.

Foto: Kienzle/Oberhammer
Kopie einer der Eberswalder Schalen mit dem geprägten Stempel von WMF.
Foto: Kienzle/Oberhammer



SYMPHONION – Ein selbstspielender Musikautomat aus Leipzig

In der Dauerausstellung des Museums Eberswalde können Besucher/innen einen historischen Musikautomaten bestaunen und auf Wunsch auch hören.
Als erster stellt der Leipziger Paul Lochmann 1886 unter dem Namen SYMPHONION eine Art Spieluhr her, bei dem eine Metallplatte mit eingestanzten Häkchen den Tonkamm und ein Glockenwerk zum Klingen bringt. Die Metall- oder Lochplatte ist leicht zu wechseln, bereichert dadurch das Melodienrepertoire und löst die bisher übliche Stiftwalze ab. Paul Lochmann begründet einen besonders in Leipzig bedeutenden Industriezweig – die Lochplatten Musikwerke.
Das Museum Eberswalde erwarb den Musikautomat mit 14 Platten in den 1960er Jahren. Darunter sind Platten mit bekannten Melodien, wie zum Beispiel „Die Sänger von Finsterwalde“ oder „Die Kirschen in Nachbars Garten“ zu finden. Der Musikautomat hat einen Münzeinwurf für einen Groschen. Er wurde früher in einem Restaurant aufgestellt und ermöglichte dem Besitzer mit dem Abspielen der Platten etwas Geld zu verdienen.
Die bekannte Redewendung „Der Groschen ist gefallen“ geht wohl auf diese Musikautomaten zurück. Erst wenn der Groschen gefallen ist, wird die mittels Drehkurbel gespannte Feder gelöst und setzt die Metallscheibe in Bewegung. Es dauert einen Moment, bis die Musik erklingt – es dauert auch einen Moment, wenn wir Menschen eine Sache nicht ganz genau verstanden haben.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Musikautomat „SYMPHONION“, um 1900
Sammlung Museum Eberswalde
Foto: Kienzle/Oberhammer
Blick in das Innere des Musikautomaten
Sammlung Museum Eberswalde
Foto: Kienzle/Oberhammer

Carl Blechens berühmtes Gemälde: Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde

Vor wenigen Tagen ist die erste Ausstellung mit wichtigen Werken des Landschaftsmalers Carl Blechen in Eberswalde zu Ende gegangen. Dabei lag der Schwerpunkt der Motive auf der Mark Brandenburg. Für das Museum Eberswalde war die Sonderschau ein großer Erfolg. Dies belegen viele Ausstellungsbesucher/innen und Eintragungen in das Gästebuch wie zum Beispiel: „Wir sind hocherfreut, dass wir diese schöne Ausstellung hier in Eberswalde haben und unsere Heimat so gut in Szene gesetzt von Carl Blechen bewundern können.“ und „Wir sind sehr angetan! Der von uns verehrte Carl Blechen wird in Wort und Bild ‚seinen‘ Eberswaldern nahe gebracht“. Die Präsentation wurde ermöglicht durch die Kooperation der Stadt Eberswalde mit der Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz.

Carl Blechens berühmtes Gemälde „Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde“ entsteht nach einer Reise Anfang 1830, um Skizzen vom Gesundbrunnen in Eberswalde für seine Illustrationen zum Berliner Kalender zu zeichnen. Nur eine halbe Stunde Fußweg von der Bade- und Parkanlage entfernt, erreicht er den Finowkanal, an dessen Ufer sich Fabrik an Fabrik reiht. Eberswalde ist zu dieser Zeit eines der Zentren der Metallverarbeitung in der Mark Brandenburg. Blechen ist beeindruckt. Er skizziert einige dieser frühen Industrieanlagen wie das Messingwerk, den Kupferhammer und das Walzwerk der Eisenspalterei. Aus seinen Zeichnungen wächst die Idee für sein heute berühmtes Gemälde „Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde“. Das Bild verbindet mit dem Blick auf die rauchenden Schornsteine des Walzwerkes am Finowkanal Naturidylle und Industriewirklichkeit und markiert damit einen Wendepunkt in der deutschen Landschaftsmalerei. Heute befindet sich das kleinformatige Ölbild in der Alten Nationalgalerie in Berlin. Aufgrund seines fragilen Zustandes wird das Werk derzeit nicht ausgestellt. Im Museum Eberswalde kann eine Kopie des Gemäldes „Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde“ von dem Heimatmaler Karl Hilliges (1875-1952) in der Dauerausstellung betrachtet werden.

Das Begleitbuch zur Sonderschau „Naturidylle und Industrielandschaft. Der Maler Carl Blechen (1798-1840)“ ist im Museum Eberswalde in der Tourist-Information zum Preis von 14.90 € erhältlich.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

walzwerk um 1830 blechen kopie 01
Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde, von Südosten über den Freigraben,
Bleistift auf Papier, Carl Blechen, um 1830
Sammlung: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett
Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde, Öl auf Holz,
Kopie nach Carl Blechen von Karl Hilliges, um 1930,
Sammlung Museum Eberswalde, Foto: Kienzle/Oberhammer
   
 blechenhaus 03 2022 Altes Walzwerk, heute Blechen-Haus,
benannt nach dem Maler Carl Blechen, der dieses Motiv für sein berühmtes
Gemälde "Walzwerk bei Neustadt-Eberswalde" auswählte.
Hier befindet sich heute das Atelier des Metallbildhauer Eckhard Herrmann.
Foto: Wolfgang Stohr, 2022

Verzierte Bleiglasfenster aus dem ehemaligen Haus der Kultur

Im vergangenen Jahr wurden bei der Sichtung des Sammlungsbestandes im Museumsdepot 27 bleiverglaste Schmuckfenster erfasst, die bislang kaum Beachtung fanden. Erste Recherchen ergaben, dass die Fenster beim Abriss des Hauses der Kultur in das Museumsdepot gelangten. Mit dem Forschungsprojekt „Urban Authenticity“ initiiert vom Museumsverband des Landes Brandenburg 2021/22, konnten diese Schmuckfenster jetzt untersucht, fotografiert und digitalisiert werden.

Das zunächst als Kantine konzipierte Gebäude in der früheren Leninstraße, heute Eberswalder Straße, wird noch während der Bauarbeiten 1980 umgestaltet und später als Haus der Kultur eröffnet. Bereits 1982 gibt es eine bildkünstlerische Gestaltungskonzeption für das Haus, in der dokumentiert wird: „dass das jeweilige künstlerische Objekt und der Raum, in dem es sich befindet, eine gestalterische Einheit bilden. Deshalb wurde versucht, soweit das noch möglich war, auf die gesamte Raumgestaltung Einfluss zu nehmen und in der Zusammenarbeit mit dem VEB Innenprojekt, dem zukünftigen Nutzer, sowie dem Auftraggeber unter Berücksichtigung der ökonomischen Situation und der etappenweisen Realisierung überzeugende Lösungen zu erreichen“. Zu den ersten Einrichtungen im Kulturhaus gehören eine Speisegaststätte, ein großer Saal, eine Milchbar und eine Biergaststätte. Nach dem Konzept soll die Bierstube als Jägergaststätte gestaltet werden. Hierfür entstehen nach dem Entwurf von Johannes Niedlich in der Glaswerkstatt Altlandsberg verzierte Bleiglasfenster.

Nach der Wende wird das Kulturhaus als Veranstaltungsort aufgegeben. Von 1992 bis 2008 nutzt das Unternehmen Neckermann das Gebäude als Kaufhaus. 2011 folgt schließlich der Abriss des ehemaligen Hauses der Kultur. Einige Kunst-Objekte kommen in das Haus Schwärzetal, die Bleiglasfenster gelangen in das Museumsdepot. Künftig sollte über eine Nutzung ausgewählter Schmuckfenster im Stadtraum von Eberswalde nachgedacht werden, um dieses künstlerische Erbe aus der ehemaligen DDR wieder sichtbar zu machen.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Bleiverglaste Schmuckfenster mit Tiermotiven (Specht und Hirsch) aus der ehemaligen Biergaststätte des Hauses der Kultur
Sammlung: Museum Eberswalde, Fotos: Bernd Choritz
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Haus der Kultur, 1980er Jahre, Foto: Sammlung Museum Eberswalde

Eine Hutschachtel aus dem Besitz des Kaufmanns Salomon Goldschmidt

Im Zentrum von Eberswalde an der Kreuzstraße/Ecke Kirchstraße entsteht 1910 eines der größten und schönsten Geschäftshäuser in der Stadt (heute: Haus am Markt). Es wird ein Jahr später, am 18. März 1911, als Kaufhaus für Manufaktur-, Kurz-, Weiß-, Wollwaren, Putz und Konfektion von Salomon Goldschmidt eröffnet. Salomon und Emma Goldschmidt spielen im wirtschaftlichen und politischen Leben der Stadt eine bedeutende Rolle. Salomon Goldschmidt ist Vorsitzenden des „Vereins für jüdischer Geschichte und Literatur“ und Repräsentant der jüdischen Gemeinde. Emma Goldschmidt engagiert sich unter anderem im „Vaterländischen Frauenverein“, der im Ersten Weltkrieg eine Sammelstelle zur Unterstützung Kriegsverwundeter im Goldschmidtschen Kaufhaus einrichtet.

Mit Machtergreifung der Nationalsozialisten sind die Juden in Eberswalde Repressalien und Boykotten ausgeliefert, dazu gehören auch Salomon und Emma Goldschmidt. 1939 gehen sie nach Berlin und werden von dort wie viele jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Hier stirbt Emma Goldschmidt 1944. Salomon Goldschmidt überlebt die schwere Zeit im Lager. Er ist einer von 1200 Juden, die mit dem Zug aus Theresienstadt in die Schweiz gebracht werden. In Lugano (Schweiz) lebt Goldschmidt bis zu seinem Tode 1951.

2001 schenkte Juliane Günther aus Kassel die Hutschachtel aus dem einstigen Kaufhaus für Putz- und Modewaren Salomon Goldschmidt dem Museum Eberswalde. Heute ist sie eines der wenigen überlieferten Zeugnisse jüdischen Lebens in Eberswalde, die im Museum bewahrt werden. Für die Präsentation wurde die Hutschachtel - ein Aufbewahrungsbehälter für Hüte - in der Berliner Werkstatt von Claus Schade restauriert. Die Kosten übernahm der Lions Club Eberswalde.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

Hutschachtel Eberswalde 2020 0060


Damenkleid nach englischer Art

Das wohl um 1775 gefertigte Kleid entspricht dem Typus der Robe à l`anglaise, der ab 1770 von England ausgehend in ganz Europa in Mode war: „Die Robe à l´Angloise ist nun durchaus als das Kleid zum vollen Anzuge angenommen, und man sieht fast kein anderes Damenkleid mehr. Man hat sie aber auch mit und ohne Garnirung; sehr reich und auch sehr einfach.“ (Journal des Luxus und der Moden, 11. August 1788).

Das zarte, hellgelbe Gewebe lässt vermuten, dass das Kleid einst für ein junges Mädchen gefertigt und als kostbares Erbstück über Jahre hinweg in einer Familie weitergegeben wurde. Tatsächlich stammt es aus dem Besitz Auguste von Schroeders. Die Todesanzeige vom 18. September 1968 nennt ihren vollen Namen: Auguste Agathe Philippine von Schroeder. Auguste ist am 4. September 1895 in Braunsfelde im Kreis Friedeberg in der Neumark (heute Bronowice in Polen) geboren. Ihr Vater Hans Gottlieb Friedrich ist Gutsherr auf Braunsfelde, ihre Mutter Agathe eine geborene von Bojanowski. Nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedeln die unverheiratete Auguste und ihre Mutter am 7. Dezember 1945 nach Eberswalde und leben fortan laut den Adressbüchern als „von Bojanowskysche Erben“ in der Schneiderstraße 10. Nach Augustes Tod übernimmt das Museum Eberswalde Teile Ihres Nachlasses, darunter das Damenkleid.

Das Kleid zählt heute zu den kostbarsten Objekten im Bestand des Museums. Es besteht aus einem Rock (Jupe) und einem Mantel (Manteau) aus strohgelbem Seidentaft mit zeittypischem Streifenmuster. Der Mantel setzt sich zusammen aus einem körpernah geschnittenen Oberteil mit eingearbeitetem Leinengewebe und Versteifungen sowie einem weiten, in der Taille in viele Falten zusammengezogenen Rock. Dieser ist vorne offen und lässt die Jupe sichtbar – heute eine Ergänzung im modernen Gewebe seit der Restaurierung 1995. Das Oberteil mit seinen halblangen Ärmeln ist vorne verschließbar und endet in der Taille vorne und im Rücken in tief herabgezogenen, spitz zulaufenden Schneppen (V-Form). Die Weite des Dekolletés ist mit Zugbändchen zu regulieren. Der ursprüngliche Putz fehlt heute. Vermutlich bedeckte einst ein Brusttuch aus Baumwollmusselin (Fichu) den Ausschnitt und Spitzen zierten die Ärmelkanten.

Silke Kreibich, Kunsthistorikerin

Manteau Kleid 2016 kleid aus buch

Damenkleid um 1775
Fotos: Kienzle & Oberhammer, Sammlung Museum Eberswalde

„Pariser Dame in neuester grande Parure“
Journal des Luxus und der Moden, 11. August 1788
© Copyright 2010 Heinrich Heine Universität Düsseldorf

Quellen/Literatur zur Information:
Sterberegister 1968 und Meldekartei 1945 zu Auguste von Schroeder (Kreisarchiv Landkreis Barnim),
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadligen Häuser 1917,
Journal des Luxus und der Moden, 11. August 1788, S. 388.


Michaelis-Album von 1879

Das Album ist ein Geschenk von dem Magistrat und von den Stadtverordeneten für den Bürgermeister von Eberswalde Rudolf Michaelis zu seinem 25-jährigen Dienstjubiläum 1879.
Das Michaelis-Album ist in dunkelblauen Samt gebunden und mit silbernen Beschlägen verziert. Den Deckel schmückt eine stilisierte Weinlaubumrandung  und ein Lorbeerkranz, der von einer Mauerkrone abgeschlossen wird. Das kunstvoll gestaltete Titelblatt zeigt in der Mitte die Widmung:
„Unserm hochverehrten Bürgermeister Michaelis zu seinem fünfundzwanzigjährigen Jubiläum am 22. Mai 1879. Magistrat u. Stadtverordnete."
michaelisalbum 1879 03Die Widmung wird von sieben Miniatur-Aquarellen umrahmt. Darunter befindet sich links oben das Wohnhaus von Rudolf Michaelis (Gasthaus zur Goldenen Sonne) und rechts oben seine Arbeitsstätte (Altes Rathaus). Die weiteren Ansichten zeigen die wichtigsten öffentliche Bauten bzw. Bauprojekte, die in seiner Amtszeit realisiert wurden: wie die städtische Gasanstalt (1863), die umfassende Erneuerung der Pfarrkirche St. Maria-Magdalena mit dem aufgesetzen Turmhelm (1874-76), die Neue Forstakademie (1874/75), das Wilhelmsgymnasium (1875) und die katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul (1876/77).
Außerdem enthält das Album 31 sehr gut erhaltene Porträtfotografien der Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordneten, beispielsweise von Emil Büsscher (Beigeordneter), Bernhard Danckelmann (Direktor der Forstakademie), Eduar Fiek (Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung), August Lautenschläger (ehrenamtlicher Stadtrat), Fritz Lorenz (Mühlenbesitzer) und Clemens Schreiber (Geh. Kommerzienrat). 1931 gelangte das Michaelis-Album von Anna Koch aus Eisenach, einer Erbin der Familie Michaelis, in das Museum. In der aktuellen Sonderschau „Kommunikation mit Strom – Telefon und Rundfunk“ ist das Michaelisalbum jetzt als wichtiges Zeitdokument zum Thema „Eberswalde um 1900“ zu sehen.
Im Stadtzentrum von Eberswalde erinnert seit 1908 die Michaelisstraße an die Verdienste des Bürgermeisters Rudolf Michaelis.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

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Michaelis-Album von 1879
Fotos: Kienzle & Oberhammer, Sammlung Museum Eberswalde
 

Beeindruckende Fotografie zeigt Baugeschehen am Mundtshof

In exponierte Lage im Stadtzentrum von Eberswalde an der Schicklerstraße 1 befindet sich, das 1899 für Kaufmann Oskar Mundt errichtete Wohn- und Geschäftshaus Mundtshof.  Wegen des schwierigen Baugrundes, an der die Schwärze vorbeifließt, steht das unterkellerte Gebäude auf 759 Holzpfählen. Das Baumaterial, die Ziegelsteine, liefern die Ziegeleien um Eberswalde. Die Maurerarbeiten übernimmt das Baugeschäft Paul Arendt aus Eberswalde. Neben Wohnungen in den Obergeschossen entstehen im Erdgeschoss Verkauf- und Geschäftsräume, darunter ein Restaurant (heute: Gaststätte Mundtshof). Die Kriegsereignisse im April 1945 übersteht das imposante Eckgebäude „mit kleinen Schäden“, wie der Schadensplan der Stadt Eberswalde von 1945 dokumentiert. Dennoch bleibt von der einst prachtvollen Gestaltung aus der Kaiserzeit nur einige Fassadendetails erhalten, beispielsweise die unter dem Turm vorhandene Schrift „Mundtshof“ und die Jahreszahl „1899“. Aus der im Kreisarchiv Barnim bewahrten Akte der Polizei-Verwaltung Eberswalde betreffend: Kaufmann Oskar Mundt, Ecke Schickler- und Bismarckstraße (ab 1946 Goethestraße) geht hervor, dass Kurt Hörmann, Abteilungsleiter Aufbau beim Rat des Kreises, 1954 die Genehmigung zur Erneuerung des Außenputzes und zur Wiederherstellung der Schaufenster an den damaligen Besitzer (Deutsche Versicherungsanstalt) erteilt. Aber auch, dass ein wichtiges Baudetail - die Turmkuppel an der Ecke Schickler- und Goethestraße – einen teilweise starken „Moderfäuleschaden“ an der Holzkonstruktion aufweist. Kurze Zeit später wird die Turmkuppel zurückgebaut. Um 2000 sanierte die Wohnungsgenossenschaft (WHG) Eberswalde das Eckgebäude umfassend. Dabei wurde auch die Turmkuppel wiederhergestellt. In der aktuellen Sonderschau ist die noch nie ausgestellte Fotografie jetzt zu sehen.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin


mundtshof 1899 kienzle oberhammer mundtshof 2021 stohr
Blick auf die Baustelle Mundtshof an der Schicklerstraße 1, 1899
Fotografisch in Szene gesetzt: 61 Bauarbeiter, drei Frauen, sieben Kinder
und fünf Geschäftsleute, darunter sind wohl auch Kaufmann Oskar Mundt
und Baumeister Paul Arendt zu finden.
Fotografie: Kienzle & Oberhammer, Sammlung Museum Eberswalde
Mundtshof, Schicklerstraße 1,  2021
Foto: Wolfgang Stohr,
Museum Eberswalde




Lernen Sie ausgewählte Objekte aus der Sonderausstellung „Kommunikation mit Strom – Telefon und Rundfunk“ kennen.

Bildnis des 5 jÑhrigen Kurt WilkeBildnis des 5-jährigen Kurt Wilke, aus der Werkstatt des Malers Prof. Arthur Fischer, Öl auf Holz, Berlin 1918, Sammlung Museum Eberswalde

Foto: Kienzle/Oberhammer

Auftragswerk des kaiserlichen Hofporträtmalers Arthur Fischer (1872–1948)

Das Gemälde zeigt einen Jungen im Alter von 5 Jahren namens Kurt Wilke. Er steht inmitten einiger Hühner und hält einen (Futter-)Eimer in der Hand. Der dargestellte Ort ist vermutlich der Innenhof des Wohnhauses seiner Eltern in der Ackerstraße 4 in Eberswalde. Kurt ist der jüngste Sohn des Käsefabrikanten Carl Wilke. Im April 1918 berichtet die Eberswalder Zeitung über einen „entsetzlichen Unglücksfall“ in der Neuen Kreuzstraße (heute: Friedrich-Ebert-Straße). Bei einem Verkehrsunfall mit der „Elektrischen“ (Straßenbahn) wird der Junge so schwer verletzt, dass er „im zarten Alter von 5 3/4 Jahren“ stirbt.

Noch im gleichen Jahr entsteht – wohl im Auftrag von Carl Wilke – im Berliner Atelier von Arthur Fischer ein lebensgroßes Bildnis des verunglückten Sohnes. In Fischers Werkstatt fertigen bis zu 30 Angestellte Porträts nach fotografischen Vorlagen. Bekannt ist Fischer vor allem durch die vom kaiserlichen Hof im Auftrag gegebenen Gemälde von Kaiser Wilhelm II.

In der aktuellen Sonderausstellung „Kommunikation mit Strom – Telefon und Rundfunk“ wird das ausdrucksstarke Gemälde zum Thema „Straßenbahn“ gezeigt.

Birgit Klitzke, Museumsleiterin

Modell RundfunkversuchsstationModell der Versuchsstation für drahtlose Telegrafie, um 1920, angefertigt von Gerhard Schablow, Eberswalde, Sammlung Museum Eberswalde

Foto: Kienzle & Oberhammer

Die Berliner C. Lorenz AG richtet 1906 eine Abteilung zur erstmaligen Erforschung der drahtlosen Übertragung von Sprache („drahtlose Telefonie“ oder „Radiotelefonie“) ein. Nach anfänglichen Arbeiten im Berliner Firmenlabor will man die Übertragung über größere Reichweiten studieren und benötigt dazu eine feststehende Sendestation. So sucht man in der Umgebung Berlins nach geeigneten Flächen und findet diese in Eberswalde am Finowkanal. Der systematische Versuchsbetrieb mit einem Lichtbogensender kann am 27. Oktober 1909 beginnen.

Über 30 Jahre lang prägt der Anblick des 70 m hohen Holzgittermastes das Stadtbild. Er ist umgeben von 16 Abspannmasten, die ringförmig im Abstand von 117 m aufgestellt sind. Außerdem wird eine Schirmantenne mit 80 m Radius aufgebaut. Das Stationshaus nahe des Hauptmastes ist eine Holzbaracke von knapp 100 qm mit Experimentier- und Aufenthaltsräumen. Außerdem gibt es einige Nebengebäude wie Schuppen. Die notwendige elektrische Energie für die Station liefert ein 400-Volt-Gleichstrom-Anschluss des städtischen Elektrizitätswerks.

Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs arbeitet die Firma Lorenz in Eberswalde an der Entwicklung drahtloser Sendetechnik für das Militär, insbesondere für die Marine. Von 1919 bis 1932 wird auch für zivile Anwendungen geforscht. Es sollen die Übertragungsqualität verbessert, einzelne Sender-Komponenten optimiert sowie zu Testzwecken auch Sprache und Musik von Schallplatten übertragen werden. 1932 finden die letzten dokumentierten Arbeiten in der Versuchsstation statt. Das letzte verbliebene Gebäude, das Laboratorium, wird 2012/13 rückgebaut.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

Rundfunkstudiomikrofon KathodophonRundfunkstudiomikrofon Kathodophon, C. Lorenz AG, 1924/25, Sammlung Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Foto: Museumsstiftung Post und Telekommunikation (Philipp Rachor)

Um die Tonqualität der Übertragungen zu verbessern, wendet sich die C. Lorenz AG ab 1919 verstärkt der Mikrofontechnik zu. Bis dahin benutzt man ausschließlich das Kohlemikrofon, das bereits vom Telefon bekannt ist und den Nachteil hat, dass der Klang durch Eigenresonanzen verzerrt sein kann. Das vom „Laboratorium für Kinematografie“ eigentlich für ein Tonfilmprojekt gebaute Kathodophon hat diesen Nachteil nicht. Für die C. Lorenz AG ist diese Technik von hohem Interesse, daher steigt sie als Gesellschafterin ein. Die Kooperation endet bereits 1922, aber Lorenz sichert sich den Zugriff auf das Kathodophon. Mit dem neuen Gerät führt die C. Lorenz AG mindestens 1923 bis 1925, wahrscheinlich schon früher, Musikübertragungen aus Eberswalde durch. Bekannt geworden ist die Übertragung zum Deutschen Museum am 21. Oktober 1923. Die Techniker vergleichen dabei unter anderem die Tonqualität von Übertragungen mit Musik von Schellackplatten und mit Live-Musik. Dafür engagieren sie Musiker aus Eberswalde.

Vor dem Start des deutschen Unterhaltungsrundfunks am 29. Oktober 1923 gibt es nur wenige Personen mit Empfangsgeräten, das Radiohören ist sogar verboten. Einige Abonnenten eines Nachrichtendienstes, den der Sender Königs Wusterhausen ab 1922 radiotelefonisch ausstrahlt, und einige Radiobastler mit heimlich selbst gebauten Empfangsgeräten können den Übertragungsversuchen aus Eberswalde zuhören. Diese Konzerte sind für viele von ihnen die ersten Inhalten, die sie mit ihren Radioempfängern hören. Auch aus dem Ausland sind mehrere Empfangsberichte überliefert.

Das Kathodophon wird beim deutschen Rundfunk noch einige Jahre verwendet, z.B. im Sender Leipzig, bis es ab Mitte der 20er Jahre von Bändchen-, Reisz- und Kondensator-Mikrofon verdrängt wird.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

RîhrenempfÑnger Ordensmeister2Röhrenempfänger Ordensmeister 2, C. Lorenz AG, 1928, Sammlung Museum Eberswalde und Röhrenempfänger Volksfreund 2, C. Lorenz AG, 1928

Fotos: Torsten Stapel

Anfang der 1920er Jahre basieren die Sende- und Empfangsgeräte auf der Technik der drahtlosen Telefonie, die während des Ersten Weltkriegs entwickelt worden ist. Nach dem Krieg hat die zivile Nutzung an Bedeutung gewonnen, es ist das Konzept des „Broadcasting“ (in Deutschland „Rundfunk“ genannt) entstanden: ein Sender sendet an viele Empfänger. Da mit dem Rundfunk Technik-Laien angesprochen werden sollen, werden die Empfänger so vereinfacht, dass sie in den Haushalten leicht bedient werden können.

Zunächst werden Detektorempfänger mit Kopfhörern verwendet, eine technisch simple Bauart, die schon vor dem Ersten Weltkrieg verfügbar ist und in den wirtschaftlich schwierigen 1920er Jahren aufgrund ihres niedrigen Preises beliebt ist. Gleichzeitig gibt es bereits batteriebetriebene Empfänger mit Elektronenröhren zur Gleichrichtung und Verstärkung, mit denen sogar mehrere Kopfhörer oder aus dem Telefonbereich bekannte Lautsprecher betrieben werden können.

RîhrenempfÑnger Volksfreund2Da für die damals verfügbaren Röhren eine große Heizleistung erforderlich ist, werden sie außerhalb der Gehäuse platziert. Erst bei den ab 1925 eingeführten Röhren mit Oxyd- oder Thorium-Kathode verringert sich die Heizleistung. Sie können problemlos im Gehäuse verschwinden. Zuerst werden alle Radios mit Akkus oder Batterien betrieben. Indirekt geheizte Röhren ermöglichen ab 1928 auch Empfänger, die an das Stromnetz angeschlossen werden können und aus Sicherheitsgründen ein geschlossenes Gehäuse haben.

Für Radio-Interessierte mit wenig Geld bringt die C. Lorenz AG den kleinen Röhrenempfänger „Volksfreund 2“ für den in der Nähe befindlichen „Ortssender“ auf den Markt. Er kann mit Batterien und Kopfhörern betrieben oder mit Zusatzgeräten an das Stromnetz und an Lautsprecher angeschlossen werden.Das Gehäuse besteht aus Bakelit, das für die Massenproduktion besonders gut geeignet ist, weil es in verschiedenen Farben in vielfältige Formen gepresst werden kann. Ein Gerät der mittleren Preisklasse stellt die Firma Lorenz mit dem „Ordensmeister 2“ her.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

TransistorempfÑnger SternchenTransistorempfänger Sternchen, VEB Sternradio Sonneberg, 1959, Sammlung Wolfgang Mathis

Foto: Kienzle & Oberhammer

Tragbare Rundfunkempfänger werden bereits um 1930 unter der Bezeichnung „Kofferradio“ angeboten. Mit Röhren und Batterien wiegen sie zwischen 5 und 10 kg. Erst nach Erfindung und Verfügbarkeit des Transistors, der die Funktion der Röhren übernimmt, keine Heizbatterie benötigt und nur noch einen Bruchteil an Platz benötigt, verringert sich das Gewicht der Kofferradios.

Der erste Volltransistorempfänger Regency TR-1 aus dem Jahr 1954 wird als „Pocket Radio“ beworben und wiegt weniger als 0,5 kg. Das Taschenradio ist geboren.

Diesem Trend folgend werden auf der Deutschen Industriemesse in Hannover im Mai 1957 die ersten Taschenradios aus der BRD präsentiert, „Peggie“ von Akkord und „Partner 1“ von Telefunken. Auf der Leipziger Frühjahrsmesse von 1959 stellt der VEB Stern Sonneberg mit dem „Sternchen“ das erste Transistor-Taschenradio der DDR vor. Das Sternchen ist international konkurrenzfähig, bis Mitte der 1960er Jahre erfreut es sich großer Nachfrage. Auch wenn die Klangqualität der Taschenradios Wünsche offenlässt, sind sie vor allem bei Jugendlichen äußerst beliebt, die sich damit von Musikgeschmack und Hörgewohnheiten der Eltern abgrenzen. Rock ’n’ Roll und Beat hätten sich ohne die kleinen tragbaren Empfangsgeräte wahrscheinlich nicht so stark durchgesetzt. Der Unterhaltungsindustrie eröffnet sich mit der neuen Technik ein ganz neuer Kundenkreis.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

SchreibtelegrafSchreibtelegraf („Normal-Farbschreiber“), um 1900, Sammlung Wolfgang Mathis

Foto: Kienzle & Oberhammer

Dank der Telegrafie sind Nachrichten nur noch minuten- oder stundenlang unterwegs, die per Zug und Dampfschiff Tage oder Wochen gebraucht haben. Ende der 1840er beginnt man, das erste strombasierte Kommunikationsnetz in Europa aufzubauen, das in wenigen Jahrzehnten zu einem weltumspannenden Netzwerk heranwächst. 1866 werden Europa und Nordamerika über ein Atlantikkabel verbunden. In Deutschland wird die erste elektrische Telegrafieverbindung 1848 von Berlin nach Frankfurt/M. angelegt. Durch Eberswalde verläuft bereits seit 1849 eine Bahntelegrafie-Linie, die die Zielbahnhöfe der Strecke Berlin–Stettin miteinander verbindet. 1858 wird eine Zwischenstation in Angermünde eingerichtet. Am 10. Juni 1864 folgt eine Telegrafiestation am Bahnhof Neustadt-Eberswalde. Es ist nicht bekannt, ob es zuvor bereits eine Telegrafiestation in Eberswalde gab.

Der Staat hat sich die Kontrolle über die Telegrafie gesichert, er erlaubt jedoch den Eisenbahngesellschaften, sie zur Organisation des stetig wachsenden Zugverkehrs zu nutzen. Die Bahn nutzt anfangs bevorzugt Schreibtelegrafen wie den hier abgebildeten. Er übermittelt die Morsesignale nicht nur, sondern fixiert sie auf einem Papierstreifen, der mit einem durch Tinte laufenden Farbrädchen im Rhythmus der Morsesignale eingefärbt wird (nach dem von Siemens & Halske 1870 entwickelten Prinzip). Im Ersten Weltkrieg nutzt auch das Militär die drahtgebundene Telegrafie zur Durchgabe von Nachrichten und Befehlen. Aufgrund der hohen Gebühren bleiben Depeschen (später Telegramme genannt) für Privatpersonen besonderen Gelegenheiten vorbehalten, etwa Hochzeiten oder Todesfällen.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

Hîrer eines Bellschen TelefonsHörer eines Bell’schen Telefons, um 1880, Sammlung Museum Eberswalde

Foto: Kienzle & Oberhammer

Die Nutzung der Telegrafie bei Reichspost und Reichsbahn erfordert ausgebildetes Fachpersonal. Eine leichter zu handhabende und günstigere Alternative zur direkten Übertragung gesprochener Sprache ist noch nicht verfügbar. Zwar entwickelt der Physiker Philipp Reis schon um 1860 ein „Telephon“, doch ist die Tonqualität noch unzureichend. Andere arbeiten mit seiner Idee weiter, darunter Lehrer und Erfinder Alexander Graham Bell mit seinem Assistenten Thomas A. Watson. Er reicht 1876 in den USA ein Patent für sein Telefon ein. Am 24. Oktober 1877 schenkt der Leiter des Londoner Haupttelegraphenamtes und gebürtiger Hannoveraner Henry C. Fisher dem deutschen Generalpostmeister Heinrich von Stephan zwei Bell’sche Telefone. Nach eigenen Tests der „Fernsprecher“ übergibt er sie Elektroingenieur Werner Siemens, der schon am 3. November 1877 einen weitgehenden Nachbau seiner Firma Siemens & Halske vorstellt. Bell hat kein deutsches Patent beantragt, daher kann Siemens & Halske ohne Lizenz die Telefonapparate für die Reichspost produzieren.

Von Stephan sieht das Telefon zunächst zum Einsatz in Fernsprechämtern vor. Mit einem Anruf sollen telegrafische Nachrichten an Poststationen außerhalb des damaligen Telegrafienetzes übermittelt werden, zu denen zuvor Boten laufen mussten. Am 12. November 1877 ist in Friedrichsberg bei Berlin das erste Fernsprechamt einsatzbereit. Am 19. November ordnet von Stephan an, weitere Fernsprechämter in den Bezirken Potsdam, Halle a. S., Magdeburg, Stettin und Berlin zu errichten. Als erstes von ihnen geht am 23. November 1877 das Amt in Schöpfurth (heute Teil der Gemeinde Schorfheide, Ortsteil Finowfurt) in Betrieb. Von Schöpfurth aus wird eine etwa 10 Kilometer lange Telefonverbindung zur Alten Post in Eberswalde (heute: An der Friedensbrücke 25) fertiggestellt – nur 31 Tage nach der Ankunft der ersten Telefonapparate im Deutschen Reich.

Solche Telefonhörer aus der Produktion von Siemens & Halske werden für die ersten Telefone in Eberswalde und Schöpfurth verwendet. Leider ist in den Unterlagen nicht verzeichnet, ob die im Museum vorhandenen Hörer aus einem der Fernsprechämter Eberswalde oder Schöpfurth stammen.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

Wandtelefon um 1900Wandtelefon, um 1900, Sammlung Wolfgang Mathis

Foto: Kienzle & Oberhammer

Generalpostmeister Heinrich von Stephan will von Anfang an auch externen Nutzern das Telefonieren ermöglichen. Die Grundlage für ein öffentliches Telefonnetz schafft er mit der Eröffnung der ersten deutschen Vermittlungsanstalt am 12. Januar 1881 in der Hauptpost Berlin-Mitte. Am 1. April 1881 geht die offizielle Berliner Stadtfernsprecheinrichtung mit 48 Anschlüssen in den öffentlichen Betrieb. Die ersten öffentlichen Fernsprecher folgen. Das Eberswalder Ortsnetz entsteht ab 1891, zu Beginn mit 17 Teilnehmern. 1892 wird eine Telefonverbindung nach Berlin eingerichtet. 1898 werden öffentliche Telefone am Bahnhof und auf dem Marktplatz installiert.

Wandtelefone wie dieses sind um 1900 gebräuchlich. Sie sind mit einer Ruftaste zur Verbindung mit dem Vermittlungsamt und einem Stielhörer ausgestattet. Das Einhängen des Hörers beendet das Gespräch. Für viele Menschen bleibt das Telefonieren lange etwas Außergewöhnliches. 1890 gibt es knapp 59.000 Telefonanschlüsse in 258 Orten, zehn Jahre später sind 247.000 Anschlüsse in Deutschland registriert. In den ersten Telefonbüchern finden sich größtenteils Geschäftsleute, Banken und Zeitungen. Privatpersonen bevorzugen herkömmliche Medien zur Fernkommunikation, beispielsweise Brief und Postkarte. Um 1900 setzen sich Telefone bei wohlhabenden Familien durch. Bis 1930 steigt die Zahl der Telefonanschlüsse in Deutschland auf rund 3,2 Millionen.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

Klinkenstecker fÅr HandvermittlungKlinkenstecker für die Handvermittlung, ab 1880, Sammlung Wolfgang Mathis

Foto: Kienzle & Oberhammer

In den frühen Jahren der Telefonie stellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Reichspost die Verbindung zwischen zwei Telefonteilnehmern her. Telefonistin war einer der ersten „Frauenberufe“. Eine Person, die ein Telefonat beginnen will, meldet sich beim „Fräulein vom Amt“ und teilt ihr nach einem festgelegten Protokoll mit, welche Nummer sie zu sprechen wünscht. Die Telefonistin stellt dann mit solchen Klinkensteckern eine Verbindung zum gewünschten Gesprächspartner her. Gelegentlich achten sie auch auf die Einhaltung der Etikette.

Mit dem 1891 patentierten elektromechanischen Drehwähler des US-amerikanischen Bestattungsunternehmers Almon Strowger wird 1892 in La Porte (USA) das weltweit erste automatische Vermittlungsamt mit 92 Teilnehmern eingerichtet. Damit können Anrufer erstmals selbst eine Telefonverbindung herstellen. Große Vermittlungssysteme lassen sich aber erst mit dem 1895 patentierten Hebdrehwähler aufbauen. Er wird ebenso wie die 1896 patentierte Wählscheibe von Mitarbeitern der Strowger Telephone Exchange Company entwickelt. Die erste automatische Vermittlungsstelle Deutschlands nimmt 1908 in Hildesheim ihren Betrieb auf und nutzt dazu den in Lizenz gefertigten Hebdrehwähler. 1936 wird der Selbstwahldienst auch in Eberswalde eingerichtet. Später kommen elektronische und heute digitale Schaltungen zum Einsatz.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

Smartphone Prada LGSmartphone Prada, LG, 2007, Sammlung Wolfgang Mathis

Foto: Kienzle & Oberhammer

Im Laufe der 1990er Jahre hat sich das Mobiltelefon oder Handy weltweit verbreitet. Neben der neuartigen Möglichkeit, nicht nur zu Hause, sondern praktisch überall telefonieren zu können, verfügt das Handy bereits über einige zusätzliche Funktionen wie SMS oder Kamera. Mit dem LG Prada kommt 2007 das erste Smartphone auf den Markt – einige Monate vor dem ersten iPhone des Konkurrenten Apple. Das Smartphone ist die bisher letzte große Neuerung in der Kommunikation mit Strom.

Dieses Universalgerät ist durch seinen Touchscreen leicht bedienbar und flexibel einzusetzen. Die technische Revolution: Auf kleinstem Raum verarbeiten und speichern integrierte Schaltungen, darunter ein Mikroprozessor, gewaltige Datenmengen wie Ton- und Bilddaten, die aus dem Smartphone mal ein Telefon, dann wieder einen Audio- oder Video-Player, eine digitale Zeitung oder einen Taschenrechner machen. Möglich wird dies durch die Umwandlung all der unterschiedlichen Informationen in digitale Daten. Mit Apps und über Internetbrowser verschränkt es erstmals verschiedene, vormals voneinander getrennte Medien, was sich mit ihrer ständigen Verfügbarkeit bereits auf unser Mediennutzungsverhalten ausgewirkt hat: Fast jedes Schulkind besitzt heutzutage ein eigenes Smartphone. Menschen mit Smartphone telefonieren seltener – zugunsten von Textnachrichten oder E-Mails –, verabreden sich kurzfristiger und ihre Mediennutzung via Smartphone ist sprunghafter als mit den einzelnen Geräten. Außerdem sind soziale Medien wie Instagram oder Snapchat, die vor allem dem Teilen selbst aufgenommener Fotos und Videos dienen, durch das Smartphone überhaupt erst erfolgreich geworden.

Anja Titze, Kuratorin der Sonderausstellung

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